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«Glauben» bedeutet nicht mehr Fürwahrhalten, sondern Vertrauen.
«Wissen» bedeutet nicht mehr, eine unbezweifelbare, sondern eine anzuzweifelnde,
aber vertrauenswürdige Information zu besitzen.
Die Glaubensprobleme sind nicht mehr vom Typ «Ist das wahr?», sondern
vom Typ «Kann ich mich darauf verlassen?» Und die Aussagen der Wissenschaft
sind zwar vertrauenswürdig, aber wenn sie nicht zweifelhaft sind,
sind sie nicht wissenschaftlich, also nicht «echtes Wissen».
Das bedeutet, dass Glauben und Wissen nicht mehr konfligierende, sondern
komplementäre Stellen in unserem Bewußtsein besetzen. Wir glauben an
die Wissenschaft und halten das religiöse Erleben für eine der Quellen des
Wissens. […] Die Wissenschaft ist zu einer unserer traditionellen Religionen
geworden.
Vilém Flusser, Nachgeschichte 1981